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Gebäude mit U-Werten

Energiewende umgesetzt Praxisbeispiel | Das Haus #2

Ein Bestandsgebäude wie viele andere...

Ein Einfamilienhaus aus dem Jahr 1989 mit 110 m² Wohnfläche. Voll unterkellert und mit ausgebautem Dachgeschoß. Der Spitzboden wird nur als Abstellfläche genutzt.

Der Wärmeschutz entspricht dem Bauzeitalter, das bedeutet, dass für alle Außenflächen eine gewisse Dämmung vorhanden ist, deren Wirkung aber deutlich unter heute üblichen Standards liegt.

Bewohnt wird das Haus mit 2 bis 3 Personen.

Was war der Auslöser für die Sanierung?

Bis zum Jahr 2020 hat der Energieverbrauch des Hauses keine große Rolle für uns gespielt. Der monatliche Abschlag an die Stadtwerke war erträglich und mit der Jahresabrechnung gab es mal etwas zurück oder es mussten mal 70€ nachgezahlt werden. In dem Jahr 2020 war es jedoch anders. Eine Nachzahlung von fast 900€ stand an und auch der zukünftige Abschlag wurde kräftig erhöht.

Hoppla, so kann das nicht weitergehen!

Wie so ein Betriebswirt halt tickt, wurde also recherchiert, eine Excel Tabelle angelegt, der Verbrauch der letzten Jahre genau herausgesucht, ein Preisvergleich angestellt, usw.
Im Ergebnis kam heraus das wir 20.500 kWh im Jahr verheizen und 5.000 kWh Strom verbrauchen. Von dem Stromverbrauch gingen gut 1.200 kWh für die elektr. Fußbodenerwärmung drauf und der aus Gewohnheit mitlaufende uralte Zweitkühlschrank wurde auf 500 kWh im Jahr hochgerechnet.
In Presse und Onlinemedien war man sich einig, dass die Energiepreise in Zukunft nur noch eine Richtung kennen werden, und  zwar nach oben. Und auch der Klimawandel war kein Gerücht mehr, sondern bewiesene und erlebbare Realität geworden.
Sowohl ökonomisch wie auch ökologisch bestand also Handlungsbedarf.

Wir sanieren, doch was genau und wie?

Im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit habe ich bereits mehrfach große Neubau-und Umbauprojekte betreut. Das sollte also kein Problem sein! Förderung vom Staat gibt es auch, also wird das Loch im Sparstrumpf nicht ganz so groß.
Erst mal die 31 Jahre alte Heizung. Die war sehr zuverlässig, allerdings auch so simpel das kaum etwas kaputtgehen konnte. Und effizient war sie schon gar nicht.

Zur Auswahl stand dann eine neue Gasbrennwertheizung oder zukunftsorientiert vielleicht eine Wärmepumpe. (Herr Habeck hat zu der Zeit noch Kinderbücher geschrieben und die Grünen aufgemischt)

Die ersten Kontakte mit Heizungsbauern waren dann ernüchternd. „Ohne Fußbodenheizung geht das gar nicht“, Der Heizstab macht sie im Winter arm“, „Im Altbau nur wenn sie alles neu dämmen“, usw. Andererseits klang das Funktionsprinzip mit einer Nutzung von 75% Umweltwärme doch sehr verlockend.

Also brauchten wir günstigen Strom. Der sollte aus der Photovoltaikanlage kommen. Im beruflichen Umfeld hatte ich damit schon Erfahrungen gesammelt. Doch der Shitstorm der Fachleute ging weiter. „Im Winter wenn du den Strom zum Heizen brauchst kommt nichts vom Dach und im Sommer, wenn du kaum Strom brauchst, hast du viel zu viel davon.“, „Das rechnet sich bei der niedrigen Einspeisevergütung nie und ein Batteriespeicher lohnt sich schon mal gar nicht“. Mir gefiel die Idee trotzdem und so wurde weiter recherchiert und geplant.

Die Energieberatung

Für die Nutzung der staatlichen Förderprogramme und die Berechnung der Sanierung am Gebäude war die Einbindung eines Energie-Effizienz-Experten notwendig. Schnell stellten wir fest, das die Vorlaufzeit für einen ersten Termin so ca. 6 Monate beträgt und einige Berater an Einfamilienhäusern auch gar nicht interessiert sind. Mit Beharrlichkeit und einer ordentlichen Portion Glück sind wir dann doch recht schnell zu einem ersten Beratungstermin gekommen.

Unsere Energieberaterin machte von Anfang an einen sehr kompetenten Eindruck und war offen für all unsere Wünsche. Aus dem Erstgespräch wurde gleich die Datenaufnahme und ein paar Wochen später hat sie uns den Plan für die Zukunft vorgestellt. Ein mehrstufiger Plan, an dessen Ende die Einstufung zum Effizienzhaus 100 stand. Der Weg dahin war allerdings mit Investitionen von gut 150.000€ gepflastert. Nach Abzug der Förderung für alles wären immer noch 110.000€ von unserem Konto verschwunden. ( Wenn sie denn da gewesen wären )
Wir haben dann beschlossen, die erste Stufe, die vor allem aus unseren Favoriten bestand, in Angriff zu nehmen.

 

Gebäude mit U-Werten

Stufe 1 der Sanierung

  • Erneuerung der Fenster im Erdgeschoß
  • Dämmung der Rollädenkästen im Erdgeschoß
  • Ersatz der alten Gasheizung durch eine Luft-Wasser Wärmepumpe
  • Aufbau einer PV Anlage mit 19,8 kWp und 13 kWh Speicher
  • Montage der Wallbox
Sanierungskosten

Die Kosten der Sanierung sind in der Tabelle dargestellt. Nach Abzug der Förderbeträge betrug der Finanzbedarf 53.645€.
Davon abziehen muss man noch die Kosten für die Installation einer Gasbrennwertheizung. Diese Kosten wären aufgrund des Alters der Gasheizung sowieso angefallen. So ist dann der finanzielle Mehraufwand für die Sanierung mit 43.645€ nicht wirklich gering, hat aber noch gute Aussichten auf eine Amortisation. Dazu in einem anderen Beitrag mehr.

Ertrag, Verbrauch und Autarkie der PV-Anlage

Ein wichtiger Bestandteil der Sanierungsstrategie ist natürlich das Zusammenspiel der PV-Anlage mit der Wärmepumpe und dem Strombedarf eines PKW.

In der Grafik Ertrag, Verbr… sind die echten Ertrags-und Verbrauchswerte der letzten 12 Monate dargestellt. Die Autarkielinie gibt an wieviel Prozent des Strombedarfs im entsprechenden Monat durch selbst erzeugten Strom der PV-Anlage gedeckt werden konnte.

Wie von vielen Fachleuten im Vorfeld prophezeit reicht der eigenerzeugte Strom in der Heizperiode nicht aus um den Strombedarf der Wärmepumpe und des Gebäudes zu decken.

Also Pech gehabt?

Mitnichten, man muss nur genauer hinschauen. Die Strich-Punkt Linie gibt den Autarkiegrad über ein ganzes Jahr an. 68% des gesamten Strombedarfs konnte durch die PV-Anlage gedeckt werden. Und selbst im schlechtesten Monat Jan. 23 wurden noch 20% des Bedarfs gedeckt. Die Übergangsmonate in Herbst und Frühjahr weisen eine Deckung von 50 bis 75% aus. Nur noch 32% des Strombedarfs mussten zugekauft werden. Das bedeutet, dass auch bei zukünftigen Preissteigerungen nur 32% unseres Bedarfs von der Preissteigerung betroffen sind.
Nicht dargestellt ist der Erlös aus der Stromeinspeisung. Dazu komme ich im nächsten Beitrag #3 Wirtschaftlichkeit und Entwicklung in der Zukunft

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